Forschung

Aktuelle Studie: KI muss keine Jobs kosten

Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt, doch dies muss nicht zum Nachteil geschehen. Eine neue UN-Studie liefert Erkenntnisse.

Vor wenigen Tagen wurde eine neue Studie mit dem Titel “Generative AI and Jobs: A global analysis of potential effects on job quantity and quality” der International Labour Organization (ILO) zum Thema Künstlicher Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt veröffentlicht. 

Während die Weiterentwicklung der Technologien in früheren Zeiten vorwiegend zu Automatisierung und dem Wegbrechen einfachster handwerklicher Tätigkeiten führte, scheinen durch die Entwicklung von KI im Hinblick auf nicht-routinemäßige Fähigkeiten heute auch Arbeitnehmende mit kognitiven Aufgaben wie Wissensarbeitende oder Angestellte in kreativen Berufen betroffen. Spätestens mit der Einführung des KI-Tools Chat GPT Ende letzten Jahres wurde künstliche Intelligenz für die breite Öffentlichkeit erfahrbar gemacht. Die technologischen Entwicklungen unserer Zeit werfen immer wieder die Frage auf, welche Auswirkungen sie auf die Arbeitswelt und die Sicherheit von Arbeitsplätzen haben. Eine Vorhersage wie sich generative KI weiterentwickeln wird, ist laut den Autor:innen in dieser Studie nicht die Aufgabe, doch das derzeitige Potenzial und die Auswirkungen auf die Arbeitswelt lassen sich durchaus abschätzen.

Was wurde in der Studie untersucht?

Die Studie analysiert die möglichen Belastungen im Hinblick auf Qualität und Quantität von Arbeitsplätzen durch generative KI, auch auf globaler Ebene. Der Fokus liegt hierbei nicht auf exakten Zahlen, sondern auf einem Verständnis des technologischen Wandels und der Richtung, in welche sich unsere Arbeitswelt vor dem Hintergrund der Digitalisierung entwickeln wird. Auf Basis dieser Erkenntnisse können Wirtschaft und Politik proaktiv handeln. 

Exkurs: Was sind GPTs?

So genannte Generative Pre-Trained Transformers sind Modellen maschinellen Lernens zuzuordnen, welche auf neuronalen Netzen basieren. GPTs produzieren Sätze oder auch ganze Texte, welche sich sprachlich in der Regel nicht von menschlischen Eigenschaften unterscheiden lassen. Die Antworten werden auf Basis eines zuvor generierten Korpus konfiguriert. So werden GPTs mittels Textdateien und Inhalten angelernt und immer weiter entwickelt. 

Welche Ergebnisse liefert die Studie?

Im Folgenden fassen wir die Ergebnisse der ILO-Studie zusammen, zu der vollständigen Studie gelangen Sie über den Link.

Erweiterungspotenzial und Automatisierung

Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse der Studie, dass sich die Arbeitswelt durch den Einsatz von KI verändern wird, aber derzeit in vermutlich weitaus weniger großem Umfang als viele annehmen würden. Die Studie unterscheidet zwischen Erweiterungspotenzialen der Arbeitsplätze und Automatisierungspotenzialen – das heißt dem möglichen tatsächlichen Wegfall der Arbeitsstellen. Bürotätigkeiten bilden den Bereich ab, in welchem mit den größten Veränderungen durch den Einsatz von KI gerechnet werden muss. Die Verfeinerung und weitere Entwicklung von Technologien wie den aktuellen GPT-Systemen führt dazu, dass nicht mehr nur Routinetätigkeiten, sondern auch Wissensarbeit von Büroangestellten automatisiert und zunehmend an intelligente Maschinen ausgelagert werden kann. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bei Bürojobs mit Aufgaben mittleren Niveaus etwa 25 Prozent der Tätigkeiten automatisiert werden könnten. Dabei seien jedoch Personengruppen wie Manager:innen, Techniker:innen und spezialisierte Fachkräfte weniger gefährdet. Hinzukommen Verwaltungsberufe, welche ebenfalls zunehmend durch die Verwendung von KI verändert werden könnten. Mit weitem Abstand folgen die Berufe der Techniker:innen und Serviceangestellten. Zu den Jobs, welche durch die KI Erweiterungsmöglichkeiten erfahren können zählen beispielsweise Lagerverwalter:innen. Mehr zu den ermittelten Berufsfeldern lesen Sie hier

Ergänzung statt Ablösung

Im Gesamten kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Arbeitsplätze und auch Branchen durch KI vielmehr ergänzt als ersetzt werden und nur teilweise von der Automatisierung betroffen sind. So gibt es Berufe, in welchen sich einige Aufgaben durchaus automatisieren lassen, andere Tätigkeiten innerhalb dieser Jobs allerdings nur ein geringes oder gar kein Automatisierungspotenzial bieten. Auch können durch den Einsatz von KI grundsätzlich neue Aufgabenbereiche oder ganz neue Berufszweige entstehen. Der Anteil der Jobs, welche vor dem Hintergrund der Nutzung von KI neue Möglichkeiten aufzeigen ist laut der Autor:innen nicht unerheblich. 

Geschlechts- und Einkommensspezifische Unterschiede

Für eine globale Betrachtung wurde der Anteil verschiedener Berufe, die automatisiert und erweitert werden könnten an der Gesamtbeschäftigung in den betrachteten Ländern ermittelt. Zudem folgte eine Untergliederung nach Geschlecht und die Erstellung von Einkommensprofilen. Grundsätzlich zeigt sich, dass die Anzahl der Arbeitsplätze mit Erweiterungspotenzial durch KI wesentlich höher ist, als die Zahl mit einem Automatisierungspotenzial. Die Arbeitsplätze, welche Automatisierungspotenzial aufzeigen zeigen hohe Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen der Länder. So nimmt der Anteil dieser Jobs, etwa der der Büroberufe, im Hinblick auf die Gesamtbeschäftigung und den Einkommensanteil der Länder zu. Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen werden weniger von Automatisierung betroffen sein. In einkommensstarken Ländern seien demzufolge 5,5 Prozent der Arbeitsplätze von dem Einsatz von KI betroffen. Einkommensschwache Länder dagegen nur zu 0,4 Prozent. Zudem zeigen sich geschlechterspezifische Unterschiede. So sind insbesondere Frauen in Berufen mit hohem Automatisierungspotenzial wie dem Bürobereich tätig. In einkommensstarken Ländern sind es 7,9 Prozent weibliche gegenüber 2,9 Prozent männlicher Beschäftigte in diesem Bereich. Aber auch bei Jobs mit Erweiterungspotenzial zeigt sich eine höhere Beschäftigung des weiblichen Geschlechts. Frauen sind demzufolge eher von Automatisierung durch technologische Entwicklungen betroffen als männliche Beschäftigte. 

Welche Maßnahmen sind für den Umgang mit KI in der Arbeitswelt nötig?

Auch wenn die Ergebnisse der Studie eine zunächst weitaus geringere Auswirkung durch KI auf Arbeitsplätze als gesellschaftlich angenommen prognostizieren, sind politische Maßnahmen und Regulierungen nötig. Wichtig ist dies laut der Autor:innen auch, um einen einfacheren Übergang für die wirklich von der Automatisierung betroffenen Arbeitnehmenden zu schaffen und hinzukommend die Qualität der Arbeitsplätze im Allgemeinen zu sichern. 

Der Studie nach erfordert dies insbesondere eine Stärkung der Kommunikation innerhalb der Unternehmen und in globaler Hinsicht politische Aufmerksamkeit für die Länder, welche nicht über ausreichend Ressourcen verfügen, um von den neuen Technologien zu profitieren. Vor allem Arbeitnehmende in Regionen mit schlechter ausgebauten Versicherungssystemen, fehlenden Arbeitsvermittlungsdiensten, hoher Arbeitslosigkeit und Co. sind bei einer Automatisierungsgefahr ihrer Arbeitsstellen stärker gefährdet. Auch hier sind für einen reibungsarmen Übergang Vermittlungsstellen und eine gelungene Kommunikation sowie Verhandlungen zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden nötig. Ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation enthält Bestimmungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aus technologischen Gründen. So seien beispielsweise bei Massenentlassungen besondere Verfahrensvorschriften und Maßnahmen zur Verhinderung oder Minimierung der Kündigungen und deren Folgen für die Entlassenen Vorschrift. Diese bilden gleichzeitig ein Werkzeug, um die negativen Folgen der Automatisierung abzuschwächen.

Neben dem politischen Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen im Pflegesektor sehen die Autor:innen einen weiteren relevanten Faktor in der Sicherung der Qualität der in Folge des technologischen Wandels neu entstehenden Arbeitsplätze. Die Arbeit an KI-Systemen und deren kontinuierliche Weiterentwicklung, um etwa die Sicherheit zu gewährleisten oder die Genauigkeit zu verbessern, erfordert zahlreiche Arbeitsplätze. Der Bedarf wird mit dem vereinfachten Zugang und der stärkeren Verbreitung in der Anwendung weiterhin zunehmen. Die Studie geht allerdings davon aus, dass viele der damit verbundenen Aufgaben mittels digitaler Arbeitsplattformen vermittelt werden und weniger in Form einer Festanstellung. Hier müssen bessere Regulierungen für Arbeitsbedingungen innerhalb der Plattformökonomie eingeführt werden. Arbeitnehmende haben bei einer Vermittllung über Plattformen derzeit rechtlich keinen Anspruch auf Arbeitsschutz oder Sozialversicherungsleistungen. 

Wie wirkt sich Automatisierung auf die Qualität der Arbeitsplätze aus?

Grundsätzlich führt die Automatisierung von Routineaufgaben zu mehr verfügbarer Zeit für komplexere Tätigkeiten. Der Studie nach könnte sie aber auch so eingesetzt werden, dass die Handlungsfähigkeit der Beschäftigten eingeschränkt oder die Arbeitsintensität gar verstärkt wird. Eine weitere Minderung der wahrgenommenen Qualität am Arbeitsplatz ist beispielsweise aufgrund einer zunehmenden Kontrolle der Mitarbeitenden durch KI-Systeme denkbar. KI-Systeme können für eine Verstärkung von Machtverhältnissen am Arbeitsplatz sorgen, wenn sie auch für die Überwachung und Auswertung der Leistung von Mitarbeitenden verwendet werden. Ein getzliches Verbot zur Kontrolle durch KI gilt es den Autor:innen nach daher dringend zu diskutieren. Sie schlagen für die Verhandlungen über Regulierungen für KI am Arbeitsplatz eine Koalition aus Arbeitnehmendenvertreter:innen, Arbeitgebendenvertreter:innen und Vertreter:innen der Regierung vor. Die Studie schlägt weiterhin einige Maßnahmen im Hinblick auf die Infrastruktur vor, welche Sie hier nachlesen können. 

Um das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu erhalten, gilt es Ihnen im Hinblick auf Automatisierung und Erweiterungsmöglichkeiten durch KI ein Mitspracherecht einzuräumen. Mittels Umfragen unter den Mitarbeitenden oder der Kommunikation mit dem Betriebsrat können sich Führungspersonen vorab ein Bild über die Stimmung der Belegschaft im Hinblick auf KI-Systeme machen. Es gilt eine Balance zwischen unternehmerischen Zielen und der Bedürfnisbefriedigung der Mitarbeitenden zu finden. 

Grundsätzlich besteht ohne politischen Einsatz die Gefahr, dass lediglich einkommensstarke Länder und Marktteilnehmende die Möglichkeit einer sinnvollen KI-Verwendung haben und des Weiteren bessere Maßnahmen für Arbeitnehmende in der Übergangszeit anbieten können. Dazu zählen Umschulungsprogramme, Weiterbildungsmaßnahmen, etc. Hierfür muss die Politik die passenden Rahmenbedingungen schaffen und Unternehmen müssen entsprechend handeln. Den Autor:innen nach muss die Politik sich dringend mit der Thematik KI am Arbeitsplatz beschäftigen und proaktive Maßnahmen ergreifen, bevor sie später bloß noch reagieren kann. 

Verpassen Sie keinen Artikel mehr

Newsletter abonnieren

  • BOS Büro- und
    Objekteinrichtungen GmbH